Alfred Wildner würde noch mal Hospizbegleiter werden
Als jüngstes von zwölf Kindern hat der 57-jährige Alfred Wildner schon öfters Sterben im persönlichen Umfeld erlebt – die Eltern, ältere Geschwister, aber auch Kollegen oder nahestehende Freunde, die überraschend starben. Schon früh setzte er sich mit dem Thema auseinander und las Bücher von Elisabeth Kübler-Ross. Doch der Beruf als Versicherungskaufmann und Gesamtbetriebsrat einer bundesweiten Versicherungsfirma ließ kaum Zeit für die Zuwendung zu Sterbenden. Erst als er 2014 aus dem Beruf frühzeitig ausstieg beschloss er, sich ehrenamtlich im Hospizdienst zu engagieren. Anfang 2015 belegte er den Grundkurs beim Ökumenischen Hospiz-Dienst (ÖHD) in Bruchsal und konnte Ende des Jahres als ausgebildeter Hospizbegleiter seine ersten Einsätze beginnen. „Schon beim Praktikum während der Ausbildung erlebte ich meinen ersten sterbenden Menschen“, so Wildner, dessen Hauptmotivation darin liegt, in der schwierigen Phase für die Menschen und auch ihre Angehörigen da zu sein. Zweimal durfte er schon Menschen bis zu ihrem letzten Atemzug persönlich beistehen. „Der Tod ist ein normaler Vorgang – durch die Palliativmedizin müssen die meisten keine großen Schmerzen erleiden“, so Wildner, der auch nicht vor Nachtschichten zurückschreckt. „Manchen berufstätigen Hospizbegleitern ist das natürlich nicht möglich, aber jeder kann seinen Zeitrahmen im Ehrenamt selbst festlegen.“
Auch in der Kürze der Zeit hat er schon viel Bewegendes erlebt: Die Ehefrau, die sich erst traute sich ihrem sterbenden Mann zu nähern, als Alfred Wildner zur Stelle war oder die hochbetagte Frau im Seniorenheim, deren Kinder nicht zu ihrem Sterben kamen und die förmlich wartete bis er kam und behutsam ihre Hand nahm, um dann friedlich einzuschlafen. „Ich hatte beide Male das Gefühl, dass ich zum richtigen Zeitpunkt beim richtigen Menschen bin,“ erklärt der Graben-Neudorfer. „Wenn die Menschen mit dem Sterben beginnen, möchte ich eigentlich da sein – vor allem, wenn sie sonst niemanden haben.“
Als emotionale Belastung empfindet er die Hospizbegleitung nicht. Aus dem Berufsleben kennt er Mechanismen, um Stress abzubauen. Er kann „gut abschalten und die Seele baumeln lassen, mal mit Musik, mal mit meinen Katzen oder beim Lesen.“
Auch bekommt er immer etwas zurück. „Das ist alles Zeit, die ich gerne aufwende, die Menschen sind so dankbar. Sie bekommen noch so viel mit, zeigen das auch und geben viel zurück durch ihre Körpersprache.“ Es gäbe kein Schema F – auch nicht im Tod. „Der Tod kann nicht zur Routine werden, jeder stirbt anders.“ Traurig macht es ihn nur, dass der Tod in der Gesellschaft immer noch ein großes Tabuthema ist. Dabei sei Sterben doch etwas ganz Natürliches.
Im ÖHD fühlt er sich gut aufgehoben. In der regelmäßigen Praxisbegleitung erlebe er viel Hilfestellung und einen guten Austausch mit den Haupt- und Ehrenamtlichen. Nur dort, im geschlossenen Rahmen, dürfen die der Schweigepflicht unterliegenden Hospizbegleiter über ihre Fälle sprechen.
Alfred Wildner hat mehrere Einsätze in Seniorenheimen. Die Zuwendung zu älteren Menschen ist für ihn kein Problem. Einfühlsam und individuell begleitet er. „Die Sprache, die die Menschen noch können, müssen wir sprechen“, so der überzeugte Hospizbegleiter. Durch Beobachtung körperlicher Reaktionen merkt er, ob eine Berührung erwünscht ist oder ein Gespräch oder Gebet passender ist. Er erzählt vom Alltag, liest die Zeitung vor oder geht, wenn es noch möglich ist, nach draußen mit seinen Begleiteten. „Wir bringen den Leuten ein Stückchen Leben.“
Diese Zeit hätten die Pflegekräfte heutzutage leider gar nicht mehr. Aber menschliche Zuwendung könne man nicht betriebswirtschaftlich fixieren.“ Da ist Alfred Wildner froh, dass er einen Beitrag leisten kann, der das Leben und Sterben der Menschen würdiger macht.
Die Frage, ob er wieder Hospizbegleiter werden würde, bejaht er. Auch hofft er, dass andere diesen Schritt wagen. „Es kann gar nicht genug Hospizbegleiter geben!“
Über die Ausbildung zum/zur ehrenamtlichen Hospizbegleitung werden zwei Info-Nachmittage mit Kaffee und Kuchen angeboten, jeweils dienstags um 15.30 Uhr. Der erste findet am 29. November im Sellawie in Forst statt, der zweite am 10. Januar in der Cafétas in Bruchsal. Der nächste Grundkurs zur ehrenamtlichen Hospizbegleitung beginnt am 10. Februar. Information und Anmeldung für alle Termine unter 07251/8008-58.